Hubertus Rufledt, Helge Vogt: „Alisik, Band 1: Herbst“

Eine klar strukturierte und gut durchdachte Geschichte bisher, die Lust auf mehr macht. Verträumt, mysteriös und grandios. Der Comic punktet vor allem mit der grafischen Umsetzung und den passenden Worten. Die Story hat noch ein wenig Luft nach oben, um den Leser komplett aus dem Hocker zu werfen. Eine super Geschichte über das Leben nach dem Tod, einer Liebe zwischen den Welten und der Suche nach dem „Warum“.

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Zur Geschichte

Alisik ist ein Mädchen, das nach ihrem Tod zwischen dieser Welt und dem Jenseits strandet, ohne Erinnerung an ihr Leben. Schnell wird ihr klar, dass sie nicht eines natürlichen Todes gestorben ist, und sie versucht, mehr über ihr Schicksal in Erfahrung zu bringen. Dabei hilft ihr der blinde Ruben, der sie als einziger wahrnehmen und mit ihr sprechen kann. Sie wäre gerne mehr für ihn als eine gute Freundin, aber eine Tote und ein Blinder – wie soll das gehen?

Der erste Band einer bittersüßen Liebesgeschichte zwischen Leben und Tod.

 (Quelle: carlsen.de)

 

Meine Meinung

In diesem Comic wird die Story fast zur Nebensache. Zunächst erwacht man gemeinsam mit Alisik auf dem alten Friedhof. Niemand weiß, was geschehen ist oder wie Alisik her gekommen ist. So weit, so gut. Gemeinsam mit ihr, begeben wir uns auf die Suche nach der Wahrheit: Ist Alisik wirklich tot, oder träumt sie nur? Sie wird ignoriert und Leute können durch sie durch greifen. Sie ist wirklich tot. Doch wie ist sie gestorben? Und warum wurde sie zu einer Postmortalen, also einer Toten, die ihre große Reise noch vor sich hat?

Was sofort auffällt ist dieser brillante Comic-Stil. Ich weiß nicht warum, aber allein der hat die Story für mich in den Hintergrund gerückt. Dabei passt bei dem Comic so gut, wie alles zusammen: Zeichenstil, grafische Umsetzung, Story, Ausdrucksweise.

Die Worte sind in dem Comic besonders wichtig. Um Tote und Lebende zu unterscheiden, werden die Sprechenblasen der Toten schwarz und die, der Lebenden weiß dargestellt. Das erleichtert den Lesefluss enorm. Was besonders poetisch ist, sind die Seiten mit einigen Gedankenfetzen. Diese Zitate sind wirklich sehr tiefgehend und zeugen von einem gewissen poetischem Talent. Wie zum Beispiel folgender Auszug:001

Leider gehen manche Sprüche unter, weil hier eine ungünstige Schreibschrift gewählt wurde. Sie erschwert den Lesefluss, da man sich hier konzentrieren muss, was genau geschrieben wurde. Auf der andern Seite hätte man das mit keiner anderen Schrift wiedergeben können – außer vielleicht, ein klein wenig weniger verschnörkelt.

Nebst der tollen Worte lebt der Comic natürlich von seinen Bilder. Beeindruckende Szenen und Charakterdarstellungen, die so hochprofessionell wirken, dass man aus dem Staunen nicht mehr rauskommt. Es wirkt teilweise wie hochprofessionelle Auszüge aus einem neuen Animationsstreifen. Zu Beginn der Story stellen sich Alisiks Friedhofs-Freunde vor. Schnell wird klar, dass Todesursache und Geisteraussehen nah beieinander liegen. Doch von einigen Charakteren erfährt man (noch) nichts über die Art und Weise, wie sie ums Leben kamen. Bleibt also nur das Spekulieren darüber, wie Spitzhut, Ottilie und Alisik ums Leben kamen. Gelegentlich geben Alisikis Flashbacks einen Hinweis darauf, was mit ihr passiert sein könnte.

Eigentlich mag ich das Aussehen von Alisik gar nicht, vor allem im Vergleich zu den anderen Charakteren (vor allem Sichelmichel, Frings und Ottilie haben es mir angetan), aber ich hoffe, dass im Laufe der Folgebände mehr zum Vorschein kommt, wie sie ums Leben kam. Und damit auch, was der Grund für ihr Aussehen ist.

Was ich noch nicht so ganz verstanden habe, ist der Wechsel der „Flügel“. Ab und zu haben Alisik und Ottilie rosa Flügel (ähnlich der auf dem Comic-Cover) – vielleicht gibt es im zweiten Band eine Auflösung dafür. Ein paar Vermutungen habe ich bereits, aber ich möchte euch nicht mit Spoiler bombardieren.

Hubertus Rufledt, Helge Vogt: "Alisik, Band 1: Herbst" (Zitat 2)

Neben der Hauptgeschichte, also aus Sicht von Alisik, werden auch kleine Nebenstories eingebaut, die noch nicht ganz durchscheinen lassen, wie wichtig sie wirklich sind. Ich habe aber bereits jetzt ein gutes Gefühl, dass am Ende alles einen Sinn machen wird, davon hat mich der erste Eindruck vom Comic schon überzeugt.

Gut gelungen ist auch die Umschreibung und jugendliche Aufmachung von „Tod“ (Herr Todt), „Sensenmann“ (Sichelmichel), „Himmel“ (Lichtwelt) und „Hölle“ (Dunkelreich), wenn man bedenkt, dass die Altersempfehlung gemäß Verlagsseite „ab 12 Jahren“ beträgt. Die Totenköpfe und andere Symbole des Todes sind verniedlicht dargestellt und dadurch weniger „gruselig“. Der Sichelmichel ist sogar total sympathisch, dafür, dass er die Nachricht über Lichtwelt und Dunkelreich übermittelt und damit im engen Kontakt mit Herrn Todt steht.

Man lernt auch einige Regeln kennen, die die Toten zu beachten haben. Genauer genommen gibt es ein Buch mit den Regeln: „Das Buch der 3 Mal 77 Totenregeln“. Neben der grundlegenden Sachen, auf die die Toten zu achten haben, bleibt natürlich die Frage im Raum: Wenn sie von niemandem gesehen werden, warum kann ein Blinder sie dennoch wahrnehmen?

Was ich nicht so ganz verstanden habe war, dass sie eigentlich Geister sind und damit unsichtbar und keine physischen Fähigkeiten (z. B. Heben von Dingen) mehr haben dürften. Man kann durch Alisik durchfassen, aber sie kann dreckig werden, wenn sie irgendwo hinunterfällt – sie kann fallen?! -, Sachen tragen und trinken? Bin gespannt, ob es dafür noch eine Aufklärung gibt, oder unbeantwortet bleibt. Wäre schade, wenn das ein Fehler wäre.

Mein Endfazit

Schlussendlich haben vor allem Witz und Charme dem Comic etwas ganz persönliches verliehen. Dazu kommt diese durchdachte Geschichte, die Lust auf die Fortsetzung macht. Ich hoffe persönlich, dass die Autoren nicht zu lange mit der Erklärung für Alisiks Tod auf sich warten lassen; ich will endlich verstehen, warum sie so aussieht.

Wenn sie die grafische High-Class beibehalten, werde ich mich auch in die Folgebände verlieben. Um der Reihe eine Chance zu geben, mich auch von der Story zu überraschen und komplett vom Hocker zu hauen, vergebe ich vorerst vier Sterne. Aber ich bin nach dem ersten Eindruck guter Dinger, dass Band 2 bis 4 die Leserschaft noch komplett flashen wird. Hoffentlich auch mit einer grandiosen Geschichte, denn Zeichnungen und die „Poesie“ glänzen bereits.

Wer gerne Comics (oder auch Manga) liest und offen für eine“Dark-Romance-Mysterie“ Serie ist, dem muss ich diesen Comic klar empfehlen! Allen anderen, die sich gerne tolle Zeichnungen anschauen und nette Worte lesen, ist das Buch ebenfalls ans Herz zu legen.

Zur Reihe

[list icon=“icon: book“]
  • Band 1: „Alisik. Herbst“ (2013)
  • Band 2: „Alisik. Winter“ (2013)
  • Band 3: „Alisik. Frühling“ (2014)
  • Band 4: „Alisik. Tod“ (2015)
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Buchdaten

Titel: Alisik. Herbst
Autor: Hubertus Rufledt, Helge Vogt
Buchtyp: Softcover
Genre: Graphic Novel, Fantasy, Romance
Reihe? Ja (Alisik)
Band: 1
Seiten: 112
Altersempfehlung: ab 12 Jahren
Erscheinungsdatum: 02.07.2013
Verlag: Carlsen Comics
ISBN: 978-3-551-77026-4
Preis (UVP): 7,99 EUR [D]