Philip K. Dick: „Das Orakel vom Berge“

Nach der grandiosen Serien-Verfilmung dieses Buches „The Man In The High Castle“ und dem damit verbundenen Cliffhangar nach Folge 10, wollte ich die Romanvorlage unbedingt lesen. Die Serie weicht an sehr, sehr vielen Stellen von dem Roman ab. Vielmehr wirkt das Buch dagegen ein wenig spannungslos und streckenweise sehr langatmig und stillstehend. Als Klassiker ein Roman, der die 60er Jahre als Alternativwelt darstellt, in der NAZI-Deutschland den 2. Weltkrieg gemeinsam mit den Japanern gewann. Eine etwas verstörende Geschichte, die zum Glück nur Fiktion ist. Bis zum Ende allerdings weniger spannend als die Serie und daher für mich sehr enttäuschend in Erinnerung bleibt.


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Klappentext

Was wäre, wenn die Achsenmächte den Zweiten Weltkrieg gewonnen hätten? Und sich Hitler mit Japan die USA geteilt hätte? Die Grenze durch die Rocky Mountains verliefe, wo es neutrale Pufferstaaten gäbe? Und dort ein ›Orakel vom Berge‹?

Vor dieser Unwirklichkeit flüchten die Menschen in ein Buch über die ›Heuschrecken‹, in der die Welt so dargestellt wird, wie sie eher unserer Wirklichkeit gleicht – aber nur fast, oder ist es wirklich ganz anders herum? Das ›Orakel vom Berge‹ (1962) ist gegen den Strich erzählte Historie und ein legendärer Klassiker der amerikanischen Literatur.

Das Buch zur US-Kultserie »The Man in the High Castle«!

(Quelle: fischerverlage.de)

 

Zur Geschichte

Wir sind in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts. NAZI-Deutschland und die Japaner haben den zweiten Weltkrieg gewonnen. Die USA wurden aufgeteilt in die PSA (Pazifk-Staaten-Amerikas), regiert von den Japanern („die Japse“) an der Westküste und den NAZIs von den Rocky Mountains bis zur Ostküste. Hitler ist kein Reichskanzler mehr und im Grunde hassen sich die Japse und Nazis, gehen sich so gut es geht aus dem Weg. Und da gibt es noch diese neutrale Zone rund um die Rocky Mountains.

In Canon City treffen wir auf Juliana Frink, die getrennt von ihrem Mann, Frank Frink lebt. Irgendwann trifft sie auf einen Fernfahrer namens Joe Cinnadella und ein Buch mit dem Titel „Die Plage der Heuschrecken. In diesem Buch wird eine Welt beschrieben, die der Welt in unserer Realität entspricht, nicht aber der Realität von Juliana. Die Nazis haben den Krieg verloren, Churchill, Roosevelt … alle leben noch. Wie kann das sein? Warum wird sie das Gefühl nicht los, dass da mehr ist, als nur eine Geschichte in einem unscheinbaren Buch? Warum wird es von den Nazis verboten?

Neben der Geschichte von Juliana wird parallel von anderen Personen berichtet. Frank Frink beispielsweise, gerade gekündigt, wird als Jude bezichtigt. Er trauert Juliana sehr oft nach und wünscht sich, sie wären noch zusammen. Sein bester Freund Ed unterstützt ihn in vielen Dingen. So kam es auch, dass er die Idee hatte, dass beide ein gemeinsames Schmuckgeschäft aufmachen sollten. Selbst geschmiedeter Schmuck, jedes Stück ein Einzelstück. Mit dieser Geschäftsidee machen sich beide auf den Weg, sich einen Namen zu machen und schaffen es so auf Kommission ein paar Teile an den Antiquitätenhändler Robert Childan zu „verkaufen“. Dass diese Schmuckstücke etwas wirklich ganz besonderes sein würden, ahnten die beiden jungen Männer bis dahin nicht.

Robert Childan ist ein sehr gradliniger Mann, der den Gesetzen folgt. Als eines Tages ein fremder Mann in seinen Laden kommt und ihn darauf hinweist, dass seine angebotenen Revolver eine Fälschung wären, beginnt er zu zweifeln. Wie viele seiner angebotenen Artikel sind noch Fälschungen? Er beginnt seinen Händler anzurufen und darüber zu informieren. Dieser verständigt seinen Hersteller, der niemand geringeres ist, als der Arbeitgeber von Frank und Ed. Sie produzieren Plagiate am Fließband. Eine verzweigte Situation, die nur noch verwirrender im Laufe der Geschichte wird.

Parallel dazu springt der Leser permanent zu dem japanischen Handelsminister Tagomi und einem Undercover-Mann, der größtenteils der Geschichte als Baynes erwähnt wird. Man wird das Gefühl nicht los, dass beide unter einer Decke stecken, obwohl Tagomi als ein sehr bodenständiger, weiser und visionierter Mensch erscheint. Im Laufe der Geschichte befragt er am häufigsten das Orakel (I ging), welches über das Schicksal maßgeblich entscheidet. Auch Frank benutzt dieses Orakel, als Ed mit der Idee des Schmuckhandels kam. Sowieso wird man das Gefühl nicht los, dass das Buch hauptsächlich aus eben diesem Orakel besteht. Durch Tagomi und Baynes erfährt man so auch einige Dinge aus den politischen Kreisen, beispielsweise, dass der aktuelle Reichskanzler verstorben sei und Doktor Goebbels neuer Kanzler werden wird. Als plötzlich ein Attentat auf Tagomi verübt wird, scheint sich die gesamte Welt und das Bild von Wahrheit und Lüge zu vermischen.

 

Mein Endfazit

Letztendlich war ich sehr enttäuscht. Die Serie ist weit entfernt vom Buch; hat es quasi nur als Vorlage genutzt, um die Geschichte viel besser zu verarbeiten und das Potenzial besser zu nutzen. Was mich sehr oft gestört hat, waren diese sprunghaften Ereignisse. Innerhalb eines Kapitels wurde der Charakter gewechselt. Grad in der Mitte des Romans bis etwas kurz vor dem letzten Drittel, wird man das Gefühl nicht los, dass es nicht voran kommt und es kam schnell Langeweile auf. Die legte sich mit dem letzten Drittel, das nochmal an Spannung, Verwirrung aber auch Gefühlen zulegte. Geprägt von der überragenden Serie, bleibt das Buch nur als Schatten dieser in Erinnerung. Es hat sich für mich nicht wirklich gelohnt, die Romanvorlage zu lesen.

Vermutlich ist das Buch weitaus interessanter, wenn man die Serie nicht kennt. Schade eigentlich, aber es war zu erwarten, immerhin liegen zwischen Serie und Buch mehr als 50 Jahre. Für die damalige Zeit vermutlich ein Werk über eine krasse Parallelwelt; einem Sci-Fi Roman, der die Denkweise vieler Leser der damaligen Zeit sicherlich nachhaltig beeinflusst haben könnte.

Für mich persönlich wurde es am Anfang und in der Mitte irgendwann so zäh, dass es langweilig wurde. Was schade ist, weil die Serie einfach so unglaublich gut ist. Auch, wenn das Buch am Ende an Fahrt aufnimmt, es konnte und wollte mich einfach nicht begeistern. Für mich bleiben am Ende zu viele Fragen und zu viele ungelöste Handlungsstränge. Auch das Ende war nicht wirklich zufriedenstellend. Aber vielleicht habe ich auch einfach irgendwas überlesen, um es zu verstehen.

Ich gebe zu, dass mich die Spannungskurve der Serie einfach zu nachhaltig geprägt hat. Für die Zeit, in der der Roman geschrieben wurde, ist es sehr spannend, war der zweite Weltkrieg doch gerade erst vorbei. Ein Klassiker, der mich als Leser des 21. Jahrhunderts leider nicht mehr erschrecken oder verblüffen konnte. Schade.

 

Buchdaten

Titel: Das Orakel vom Berge
Originaltitel: The man in the high castle
Autor: Philip K. Dick
Buchtyp: eBook, Taschenbuch
Genre: Klassiker, Roman, Science Fiction
Reihe? Nein
Seiten: 272
Altersempfehlung: k. A.
Erscheinungsdatum: 01.01.1962
Verlag: Fischer Klassik
ISBN Taschenbuch: 978-3-596-90562-1
ISBN ebook: 978-3-10-402723-4
Preis Taschenbuch (UVP): 9,99 Eur[D] Preis ebook (UVP): 9,99 Eur[D]