Emotionslose Werbung und Wegwerf-Musik

Werbung ist nervig, lang und erweckt mehr Aggression als alles andere. Früher hat man noch gesagt, dass Werbung immer durch Filme unterbrochen würde. Heute ist es ganz klar andersrum. Aber warum ist das so? Wann hat die Werbung aufgehört auf Emotionen zu gehen? Dieses Thema beschäftigt mich schon seit geraumer Zeit. Neulich sprach ich per Zufall mit einer Kollegin über die „gute alte, mit Emotionen gefüllte“ Werbung der 90er. Damals, als die Werbeclips eine Story hatten. Zu jener Zeit, in der man Jingles genutzt hat, um die Emotionen noch mehr zu pushen. Kennt jemand die aktuelle McDonald’s Werbung auswendig? Ich nicht. Könnt ihr diesen Text vervollständigen: „Stell dir vor, da gibt es einen Platz, du weißt schon wo. Da schenkt man dir ein Lächeln und so.“? Nicht? Dann seid ihr keine Kinder, die die 90er je miterlebet haben. Doch diese Werbung soll heute der Aufhänger für diesen Blogbeitrag werden.
Kommen bei euch da nicht auch Emotionen hoch? Die Erinnerung daran, dass man als Kind, wann immer dieser Spot gelaufen ist, etwas magisches in dem Restaurant erwartet wurde. Was ist von dieser Emotion übrig geblieben? „Everytime a good time“, später wurde daraus „I’m lovin‘ it“ und heute? Zugegeben, Musik war damals ehrlicher, tiefsinniger und vor allem keine Massenproduktion an „nananana“ Songs, die alle wie ein Album von Dieter Bohlen klingen. Musik transportiert eben doch was, da hatte der diesjährige ESC Gewinner eben doch Recht.
Wo wir gerade bei Robin Beck sind („Close to you“ ist der Originalsong der McDonald’s Werbung), sie hatte auch einen sehr tollen Song, der von Coca Cola für die Werbung genutzt wurde.
Puh. Ich bekomme dabei richtig Gänsehaut und verspüre den Drang nach einer kalten Coke. Dabei mag ich gar keine Cola. Doch das hat die Werbung eben geschafft: das Verlangen geweckt, man brauche es unbedingt. Heutzutage kann man zwischen den ganzen Makeup-Werbespots nicht mal unterscheiden, welche Marke gerade wieder wirbt. Es wurde in den letzten Jahren sehr kalt in der Werbebranche. Ungefähr genauso kalt, wie unsere Gesellschaft wurde. Gewalt, Egoismus, Terror. Liebe, wo ist die Liebe geblieben? In den Menschen, in der Werbung und in der Welt da draußen?
Was ist mit der Musikbranche passiert? Geld wird dort heutzutage anders verdient, als noch vor 30 Jahren. Warum waren die 80s so gut, dass sogar die heutige Generationen die Songs kennt? Sie war echt, gefühlvoll und eben kein Einheitsbrei, der mit dem Strom schwamm, nur des schnellen Geldes wegen. Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel.
Habt ihr jetzt auch Bock auf ein Eis? Früher hat Werbung Musikern einen echten Boost gegeben in Sachen Karriere. Im Moment muss man sich fast fragen, ob Musik überhaupt noch durch irgendwas einen Boost bekommen kann? Der diesjährige ESC Gewinner hat gesagt, dass wir nur noch Wegwerf-Musik produzieren. Und er hat Recht. Interessanterweise hat McDonald’s den Song von damals genommen und 2017 einen neuen Werbespot gedreht. Mit Emotionen, ganz wie früher.
Doch bereits zwei Jahre zuvor, hatte Coca Cola die ähnliche Idee. Schnappte sich „First love“ und verpackte es samt moderner Pop-Version in einen neuen, modernen und emotionalen Werbeclip. Mensch Leute, geht doch!
Zum Abschluss noch die Frage an euch: Ist euch die Entwicklung in der Musik und Werbung auch aufgefallen? Findet ihr sie positiv oder negativ?
Und nun, zur Abkühlung ein Eis und die 2012er Version von „So schmeckt der Sommer“ von Cassandra Steen.
Evy
Die Umstände haben sich verändert. Dass mir Werbung von früher im Gedächtnis geblieben ist, liegt daran, dass ich Dinge als Kind anders wahrgenommen habe. Früher war Fernsehen das Einzige, für Menschen hatte es eine Bedeutung. Jetzt haben wir das Internet – wir haben Werbebanner, Spots für YT-Videos usw. Wir werden von WErbung überflutet bzw. die Firmen versuchen, von unserer Aufmerksamkeitsspanne etwas abzubekommen. Alles ist kleinteiliger geworden. Ich habe auch den Eindruck, dass Musik aus WErbung weniger gefördert wird, was ich schade finde.
Ich trauere dem nicht hinterher. Werbung ist eine Kunstform und das finde ich gut. Aber ansonsten… es ist, wie es ist. Und wenn das beste Werbemittel ist, dass man einen Monat lang alle Social media-Kanäle stummschaltet oder Produktplatzierungen/-präsentationen ohne Kennzeichnung und/oder Sinn platziert, dann muss jeder selbst wissen, ob das moralisch vertretbar ist.
Heffa Fuzzel
Hey Evy, danke für deinen Kommentar!
Stimmt, aber selbst die Werbebanner im Internet und die Clips vor Videos sind eben Werbung, die genauso klassisch ist. Aber ich habe neulich einen Kommentar gelesen, dass die Werbebranche den Druck hat, immer neuere Sachen aus den kreativen Köpfen kratzen zu müssen. Dabei entsteht dann oft dieses „high class“ Produkt, ohne Emotionen.